Bahngeschichten VII: Ein tiefer Zug im Zug

Die Deutsche Bahn hat 2007 ein komplettes Rauchverbot in ihren Zügen verfügt. Seither hält das Bahnfahren eine weitere Demütigung für Raucher bereit: Ein Atemzug demaskiert die Süchtigen.

Wir Vielfahrer kennen das Bild: Ein Bahnreisender nutzt den Drei-Minutenhalt für die schnelle Zigarette. In Köln oder Frankfurt sind es sogar fünf Minuten; dort wechselt der Zug die Richtung. Einen Fuß in der Tür, raucht er (es sind fast immer Männer) seine Zigarette in wenigen hastigen Zügen weg. Wenn der Zugbegleiter zur Abfahrt pfeift, fliegt die Kippe ins Gleisbett, die Tür schließt sich, der letzte nikotingeschwängerte Atemzug entweicht im Waggon. Genuss sieht anders aus. Und die Mitreisenden blickend sich schnuppernd und wissend an: Hier ist ein Mensch, den die Sucht im Griff hat.

Wenn die Raucher wüssten, welches beschämende Bild sie abgeben, so ginge davon womöglich ein starker Impuls aus, das Rauchen aufzugeben. Mit diesem Gedanken im Kopf setzte ich mich in den Speisewagen und bestelle den ersten Weißwein. Man gönnt sich ja sonst nichts.

 

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