Soll ein Wissenschaftsjournalist seinen fertigen Text dem Wissenschaftler vorlegen, der Auskunft gegeben hat? Diese alte Debatte hat auf der Bremer Fachkonferenz Wissenswerte einen erneuten Anstoß bekommen.
Der Hauptprotagonist in Bremen war Patrick IIlinger (Süddeutsche Zeitung), der die Praxis des Gegenlesens als komplett unjournalistisch verwarf. Markus Pössel (Blogger) und Franz Miller (Ex-Fraunhofer-Kommunikationschef) haben die Debatte inzwischen weiterbefördert. Lesenswert ist vor allem ein Beitrag von Pössel („Journalisten, Wissenschaftler und das leidige Gegenlesen“), der fein auseinander sortiert, was Miller zuvor zusammengeworfen hatte („Wissenswerte – im Umbruch“).
Wenn „Autorisieren“ (=Text als wohlgefällig absegnen) und „Gegenlesen“ (=Text vom Fachmann auf sachliche Richtigkeit unverbindlich prüfen lassen) verrührt werden, führt das die Debatte zum Absturz. Gegen Ersteres wehren sich Journalisten mit Recht. Die entspannte Praxis in anderen Ländern, was Zweiteres angeht, finde ich durchaus beispielhaft.
Zwei Gedanken:
1) Wenn sich Journalisten so vehement weigern, ihren Text vor der Veröffentlichung unverbindlich der Expertin (Männer sind mitgemeint) zu zeigen, enthält das eine Prise Unsouveränität.
2) Ganz unschuldig sind Wissenschaftler am Durcheinander nicht. Die verwechseln Autorisieren und Gegenlesen oft genug. Der Anspruch, das öffentliche Bild der eigenen Arbeit zu kontrollieren, tarnt sich dann als freundliches Angebot, die sachliche Richtigkeit zu prüfen. Dem zu widerstehen steht Journalisten gut zu Gesicht.