Warum essen Kinder so gerne Pommes mit Ketchup?

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Harald Wanetschka, pixelio.de

Das hat die Evolution so eingerichtet. Wer sich für gesundes Essen in Schulkantinen einsetzt, nimmt es mit einem mächtigen Gegner auf: der Natur. Eine aktuelle Studie des Bundesernährungsministeriums bemängelt, es stünde zuviel Fleisch auf dem Speiseplan. Die Kinder sind, wenig überraschend, damit überwiegend zufrieden. Ernährungswissenschaftler haben ein paar Ideen, wie sich Kinder für Gemüse begeistern lassen.

Das Klischee stimmt. Kinder lieben Pommes und mögen keinen Brokkoli. Die knusprigen und fettigen Kartoffelstäbchen mit ihrer süßen Soße schmecken den Kleinen einfach gut. Erst recht, wenn sie mit den Fingern gegessen werden dürfen. Fast Food steht bei Kindern weltweit hoch im Kurs. Die Vorliebe für Süßes und Fettiges teilen Kinder in allen Kulturen. Diese Geschmacksvorlieben stammen aus einer Zeit, als unsere Vorfahren ihr Mittagessen noch mühsam jagen oder sammeln mussten. Fett war mit seinem hohen Kaloriengehalt ein wertvolles Nahrungsmittel. Die natürliche Vorliebe für Süßes ist für Kinder zudem ein natürlicher Selbstschutz. Süße Beeren sind selten giftig. Dass bittere Zutaten schmackhaft sein können, müssen Kinder erst lernen. Geschmack kann aber geschult werden. Hier setzen Ernährungsforscherinnen wie Mathilde Kersting an. Die Professorin am Dortmunder Forschungsinstitut für Kinderernährung hat beobachtet, dass klassische Aufklärungskampagnen wirkungslos bleiben. Statt vor den Gesundheitsgefahren von Fast Food zu warnen, will sie die Abenteuerlust und Phantasie der Kinder anregen. Restaurants und Kantinen könnten anstelle des traditionellen Kindertellers mit Fischstäbchen, Pommes oder Currywurst auch einmal Piratenschiffe mit einem Rumpf aus Gurke und Segeln aus Fisch servieren. Die Geschmackserziehung einer ganzen Gesellschaft funktioniert allerdings nur in kleinen Schritten. Hoffnung macht den Ernährungswissenschaftlern immerhin, dass der Fettverzehr bei Kindern in Deutschland in den letzten Jahren gesunken ist.

An den Pranger

Selbstverpflichtungen für gute Wissenschaftskommunikation sind nutzlos. Es bedarf einer öffentlichen Beschwerdestelle.

Am selben Tag, als der Siggener Kreis seine Leitlinien für gute Wissenschaftskommunikation vorstellte, fielen fast alle deutschen Medien auf einen abgefeimten PR-Coup herein. Selbst Leitmedien wie der SPIEGEL oder das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung sprangen auf eine zur Sensation aufgeblasene Pressemeldung einer britischen Provinzuniversität an. Erstmals habe ein Supercomputer den Turing-Test bestanden und wurde von Testpersonen in einem freien Frage-und-Antwort-Spiel für einen echten Menschen gehalten. Wenn das stimmte, wäre es fraglos ein Durchbruch in der Entwicklung künstlicher Intelligenz. Es stimmte aber nicht. Der Wissenschaftsjournalismus hat in Deutschland ein Qualitätsproblem.

Aufrufe zu Redlichkeit und Ehrlichkeit auf Seiten der Pressestellen werden das Problem nicht lösen. Eine Selbstverpflichtung bindet immer nur die Bekehrten, nie die Ruchlosen. Dem Journalismus selber fehlt inzwischen die Kraft. Nach den Sparrunden der letzten Jahre mangelt es in den Wissenschaftsredaktionen (und nicht nur dort!) an Zeit und Köpfen, um gegen die Übertreibungen übereifriger Hochschulen anzurecherchieren.

Hilfe könnte von außen kommen. Der Deutsche Presserat prangert journalistisches Versagen an. Er ist seit 1956 ein wichtiges Instrument der freiwilligen Selbstkontrolle, an das sich jeder Zeitungsleser und Mediennutzer wenden kann. Einen Presserat für die Wissenschaft schlagen die Akademien der Wissenschaften einem gestern (!) veröffentlichten Papier zufolge vor (Zur Gestaltung der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Medien, Juni 2014). Initiativen wie der stiftungsfinanzierte Mediendoktor (http://www.medien-doktor.de) machen gute und weniger gute Wissenschaftsberichterstattung sichtbar. Doch die Wirkung ist begrenzt. Beides sind nur punktuelle Eingriffe. Sie greifen erst, wenn das Kind schon im Brunnen liegt. Und sie richten sich gegen die Medien, nicht die Pressestellen. Wirksamer wäre eine Schwarze Liste für PR-Sünder. Ein Pranger? Ja, ein Pranger!

Die Erwartung: Pressestellen von Hochschulen, einzelne Wissenschaftler oder PR-Agenten werden disziplinierter arbeiten und sich vor Übertreibungen hüten, wenn sie für den schnellen publizistischen Erfolg einen dauerhaften Reputationsschaden befürchten müssen. Dazu bedarf es einer Institution, die ähnlich arbeitet wie der Presserat. Jeder Journalist kann sich an sie wenden, wenn er meint, Opfer einer bewussten Falschinformation zu sein. Die Beschwerde wird von einer unabhängigen Kommission geprüft und sanktioniert, bis hin zur öffentlichen Rüge. Noch ist das Zukunftsmusik. Aber es gibt in Deutschland einige Institutionen, die großes Interesse an einem unabhängigen und leistungsstarken Wissenschaftsjournalismus haben und sich dafür seit Jahren einsetzen. Darunter sind große Stiftungen und Dachorganisationen wie der Stifterverband, aber auch die großen Wissenschaftsorganisationen wie Max-Planck-Gesellschaft oder Deutsche Forschungsgemeinschaft. Mit deren Engagement könnte die Finanzierung eines PR-Rates für die Wissenschaft gelingen.

„Gute Wissenschaftskommunikation arbeitet faktentreu. Sie übertreibt nicht in der Darstellung der Forschungserfolge und verharmlost oder verschweigt ihr bekannte Risiken neuer Technologien nicht. Sie macht Grenzen ihrer Aussagen sichtbar. Außerdem sorgt sie für Transparenz der Interessen und finanzieller Abhängigkeiten. Sie benennt Quellen und Ansprechpartner. Sie beantwortet die Frage, welche Bedeutung die Informationen für Wissenschaft und Gesellschaft haben und ordnet sie in den aktuellen Forschungsstand ein. Sie weicht nicht für Zwecke des Institutionenmarketings oder der Imagebildung von Faktentreue und Transparenz ab.“ Diese Selbstverpflichtung aus dem Siggener Appell gewänne sehr an Überzeugungskraft, wenn sie Zähne bekommt.

Ein erster Kandidat für die Schwarze Liste wäre die Universität von Reading. Denn an dem Durchbruch bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz, den beispielsweise Spiegel online am 9. Juni vermeldete, war nichts dran („Der unheimlich menschliche Eugene Goostmann“). Der berühmte britische Mathematiker Alan Turing (1912 – 1954) hatte den Test 1951 ursprünglich vorgeschlagen, um das Problem der Definition Künstlicher Intelligenz zu umgehen. Statt sich mit dem Innenleben der Maschinen zu beschäftigen, schaut man sich ihre Interaktion mit Menschen an. Der Test gilt als bestanden, wenn es einem Computerprogramm gelingt, eine Testperson in einem freien Frage- und Antwort-Spiel davon zu überzeugen, ein Mensch zu sein. Aus dieser Idee hat sich ein Wettbewerb für Konversationsprogramme entwickelt, der jährlich in London ausgetragen wird. Dort nun hatte das Programm „Eugene“ recht erfolgreich abgeschnitten, aber keineswegs erfolgreicher als andere Programme in der Vergangenheit und unter Beugung der Regeln. So hielt nur ein Drittel der Testpersonen das Programm wirklich für einen Menschen. Zudem machte es den Testern weis, ein 13-jähriger ukrainischer Junge zu sein, um sprachliche Schwächen und Verständnisprobleme zu erklären. Der Turing-Test bleibt eine Herausforderung für Maschinen, so wie guten Journalismus zu machen eine Herausforderung bleibt – für Journalisten und für PR-Profis.

 

Der Siggener Kreis ist eine Gruppe von Wissenschaftsjournalisten, Kommunikationsverantwortlichen großer Wissenschaftsorganisationen, Unternehmen und Stiftungen. Er traf sich 2013 und 2014 auf Gut Siggen, dem Seminarzentrum der Alfred Toepfer Stiftung in Holstein. Der Autor war nicht dabei. Den Aufruf gibt es hier: http://www.wissenschaft-im-dialog.de/wissenschaftskommunikation/weiterentwicklung/siggener-aufruf.html.

Die ursprüngliche Pressemeldung der Universität Reading zum Turing-Test gibt es hier: http://www.reading.ac.uk/news-and-events/releases/PR583836.aspx.

Zu diesemText: Die erste Fassung stammt bereits vom 12. Juni 2014. Dann schlummerte er sechs Tage in der Mailbox eines ignoranten Redakteurs. Inzwischen hatten sich die Akademien zur Wissenschaftskomunikation zu Wort gemeldet. Und gleich Kritik auf sich gezogen. Da musste es jetzt schnell gehen. Hier eine Linkliste zu einigen Kommentaren:

Alexander Mäder, Stuttgarter Zeitung: Nicht auf diesem Niveau. 17.6.14

Markus Pössel, Scilogs: Akademien geben Empfehlungen für Wissenschaftskommunikation. 17.6.14

Henning Krause, Hemholtz-Gemeinschaft: Live-Blog von der Ergebnispräsentation der Akademienstudie, 17.6.14

Jens Rehländer, Volkswagen-Stiftung: Welche Wissenschaftskommunikation der Siggener Kreis will. 10.6.14

Corporate Publishing tut dem Journalismus gut

Staatliche Museen und Theater geben journalistisch gut gemachte Magazine und Hefte heraus. Sie bezahlen das aus öffentlichen Mitteln. Johann Schloemann kritisiert dieses „neue Staatsfeuilleton im subventionierten deutschen Kulturföderalismus“ (Süddeutsche Zeitung vom 15.5.2014, hier online: „Das neue Staatsfeuilleton“). Eine ähnliche Entwicklung ist schon seit Jahren im Wissenschaftsjournalismus zu beobachten. Darauf weisen @fischblog, @tre_bol und andere auf Twitter hin. Aber ist das ein Problem? Ich meine: nein.

Schloemann beschreibt eine auf den ersten Blick gute Entwicklung. Anspruchsvolle journalistische Darstellungsformen breiten sich aus dem Feuilleton in andere journalistische Themenfelder aus. Autoren und Künstler erhalten gut bezahlte Aufträge im Corporate-Publishing-Sektor. Dem bekannten Münchener Feuilletonredakteur aber behagt das nicht so recht:

„Es ist nicht leicht, das neue Staatsfeuilleton im subventionierten deutschen Kulturföderalismus als Problem zu benennen. Zu leicht gerät man in das Netz von Neid und Betriebsnähe, von dem hier eingangs die Rede war. Viele gute Kollegen, viele geschätzte Autoren beteiligen sich daran. Aber man sollte sich trotzdem fragen, was für eine öffentliche Sonderwelt da herangewachsen ist.

Die staatlichen Organe zahlen auch oft stattliche Honorare, was den schrumpfenden Honorartöpfen vieler Zeitungen ebenso zusetzt wie den kleineren Kulturzeitschriften. Manches am Staatsfeuilleton ist Volksbildung, anderes aber ist eher „Corporate Publishing“, nur dass die Firma hier der Staat ist und der Kunde sein Steuerzahler.“

Die Kritik ist zart formuliert und nur angedeutet. Zugespitzt lesen sich die Argumente etwa so:

1. Eigene Magazine herauszugeben gehört nicht zum Auftrag öffentlicher Kulturinstitutionen. Wenn sie es dennoch tun, vergeuden sie Steuergelder.

2. Die staatlichen Auftraggeber verderben die Preise. „Echter“ Journalismus hat es dadurch schwer.

Im Wissenschaftsjournalismus wird schon seit Jahren eine vergleichbare Qualitätsdebatte geführt. Große Wissenschaftsorganisationen, Wissenschaftsförderorgansationen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder der Stifterverband geben viel Geld aus, um Themen aus der Wissenschaft anspruchsvoll journalistisch aufzubereiten. Der Autor dieser Zeilen hat das selber viele Jahre an verantwortlicher Stelle getan. Argument 1 trifft auch Leibniz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft und andere, bis hin zum Bundesforschungsministerium. In der älteren Debatte taucht häufig ein weiteres Argument auf:

3. Wissenschafts-PR ist interessengeleitet und von daher gar kein Journalismus. Wenn die Herausgeber dennoch so tun, als informierten sie objektiv über Themen aus Forschung und Wissenschaft, so führt das die Leser in die Irre. Das ist eine milde Form von Betrug.

Alle drei Argumente lassen sich leicht entkräften.

1. Werbung für die eigenen Produkte zu machen und die Kundenbindung zu pflegen gehört zur originären Aufgabe von Theatern und Museen. Zur Aufgabe von Wissenschaftsorgansationen gehört, die Öffentlichkeit über die eigene Arbeit zu informieren. Eine weitere wichtige Aufgabe ist es, die eigenen Interessen so zu vertreten, dass die Arbeitsfähigkeit gesichert bleibt. PR ist legitim, ein Magazin kann im Kommunikationsmix ein wichtiges Element sein.

2. Aus den Geschäftsführungsetagen des Journalismus gibt es immer wieder den Ruf nach direkten staatlichen Subventionen, um die Rolle der „vierten Gewalt“ für Rechtsstaat und Demokratie zu stärken. Vor diesem Hintergrund fände ich eine gewisse Entspanntheit gegenüber indirekten Subventionen ganz angebracht. Denn um nichts anderes als eine indirekte Subvention handelt es sich, wenn Autoren und Journalisten für PR-Aufträge angemessene Honorare erhalten. Diese Honorare ermöglichen es vielen meist freien Journalisten überhaupt erst, originär journalistische, aber schlecht bezahlte Aufträge anzunehmen.

3. Die Leser sind nicht dumm. Sie würden es merken, wenn ihnen tendenziöse Sichtweisen untergejubelt werden sollen. Und wo nicht, gibt es fähige Journalisten, die den Beeinflussungsversuch aufdeckten. Der Schaden an der Reputation wäre riesig und stünde in keinem Verhältnis zum schnellen Nutzen. Weil das so ist und die meisten Wissenschaftsorganisationen professionell arbeiten, passiert das nicht.

Ok. Vielleicht passiert es doch. Aber selten. Und die Frage, wie weit es mit der Objektivität und Unabhängigkeit des Journalismus überhaupt her ist – die steht auf einem anderen Blatt.

Autorisieren und Gegenlesen sind nicht dasselbe

Soll ein Wissenschaftsjournalist seinen fertigen Text dem Wissenschaftler vorlegen, der Auskunft gegeben hat? Diese alte Debatte hat auf der Bremer Fachkonferenz Wissenswerte einen erneuten Anstoß bekommen.

Der Hauptprotagonist in Bremen war Patrick IIlinger (Süddeutsche Zeitung), der die Praxis des Gegenlesens als komplett unjournalistisch verwarf. Markus Pössel (Blogger) und Franz Miller (Ex-Fraunhofer-Kommunikationschef) haben die Debatte inzwischen weiterbefördert. Lesenswert ist vor allem ein Beitrag von Pössel („Journalisten, Wissenschaftler und das leidige Gegenlesen“), der fein auseinander sortiert, was Miller zuvor zusammengeworfen hatte („Wissenswerte – im Umbruch“).

Wenn „Autorisieren“ (=Text als wohlgefällig absegnen) und „Gegenlesen“ (=Text vom Fachmann auf sachliche Richtigkeit unverbindlich prüfen lassen) verrührt werden, führt das die Debatte zum Absturz. Gegen Ersteres wehren sich Journalisten mit Recht. Die entspannte Praxis in anderen Ländern, was Zweiteres angeht, finde ich durchaus beispielhaft.

Zwei Gedanken:
1) Wenn sich Journalisten so vehement weigern, ihren Text vor der Veröffentlichung unverbindlich der Expertin (Männer sind mitgemeint) zu zeigen, enthält das eine Prise Unsouveränität.

2) Ganz unschuldig sind Wissenschaftler am Durcheinander nicht. Die verwechseln Autorisieren und Gegenlesen oft genug. Der Anspruch, das öffentliche Bild der eigenen Arbeit zu kontrollieren, tarnt sich dann als freundliches Angebot, die sachliche Richtigkeit zu prüfen. Dem zu widerstehen steht Journalisten gut zu Gesicht.

Deutungshoheit über die Deutungshoheit

Seit der Gründung des Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation gibt es wieder mal Streit darüber, was Wissenschaftskommunikation kann, soll und darf. Geben wir dem NaWiK eine Chance.

Michael Sonnabend fordert in seinem Blog, dass die Wissenschaft das Zuhören lernen solle. Der Dialog zwischen Forschern und Bürgern finde nicht statt, und wenn doch, sei er durch den „Anspruch auf Deutungshoheit“ verdorben, den die Wissenschaft nicht verlieren wolle. „Es geht um die Verteidigung von Pfründen und das ist der denkbar schlechteste Antrieb, um mit dem Bürger ins Gespräch zu kommen. Denn wer wirklich kommunizieren will, hört erst einmal zu. Und genau das geschieht nicht. Wissenschaftskommunikation kommt mir vor wie eine aufdringliche Person, die sich sozial gibt und dann doch nur von sich selbst spricht“, schreibt Sonnabend. Starke Worte. Das Problem: „Die Wissenschaft“ gibt es nicht. Es gibt Wissenschaftsinstitutionen, Universitäten, Dachorganisationen, Fachverbände. Und es gibt die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Hierarchieebenen, vom Doktorand bis zum Präsidenten. Ich hege die Vermutung, dass nicht alle diese Personen dieselben Interessen teilen. Das gilt auch auf dem Feld der Wissenschaftskommunikation.

Selbst bei den Präsidenten und anderen Oberbossen der Wissenschaften ist nicht so ganz klar, welche Motive hinter dem Engagement für die Wissenschaftskommunikation stecken. Zwar ist es deren wichtigster Job, die Interessen der eigenen Institution zu wahren. Doch selbst auf den Chefetagen findet man doch Indizien, dass das gesellschaftliche Rollenverständnis der Wissenschaftler differenzierter ausfällt, als Sonnabend meint.

So kann zum Beispiel der Berufsverband der Wissenschaftsjournalisten WPK (www.wpk.org) seit der Gründung vor über 25 Jahren auf die Unterstützung der Wissenschaftsorganisationen zählen. Kuratoren und Freunde und Förderer bringen einen nicht unwesentlichen Teil des Budgets auf – ein klares Indiz für die hohe Bedeutung, die den Wissenschaftsjournalisten von den Wissenschaftlern zugemessen wird. Vor allem aber ein Indiz dafür, dass die Chefwissenschaftler Interesse an einem guten und professionellen – das heißt vor allem: unabhängigen – Wissenschaftsjournalismus haben.

Die Entwicklung hat auf beiden Seiten Früchte getragen. Es gibt heute so viel guten Wissenschaftsjournalismus wie nie. (Okay, das muss nicht so bleiben, der Journalismus steckt in der Krise. Aber das ist ein anderes Thema) Und es gibt immer weniger Akteure in Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen, die dem Missverständnis aufsitzen, dass der Wissenschaftsjournalismus in erster Linie eine vermittelnde und übersetzende Funktion habe. Solche Professoren wollen nicht nur eigene Zitate autorisieren, sondern ganze journalistische Artikel gegenlesen (und ggf. korrigieren). Man ist verstimmt, wenn sich Wissenschaftsjournalisten nicht als Sprachrohr der Wissenschaften benutzen lassen. Doch diese Haltung stirbt langsam aus.

Der Grund dafür liegt darin, dass mit den verstärken Aktivitäten der Wissenschaftler in der Wissenschaftskommunikation ebendiese Leute mehr Verständnis für die Interessen und Belange anderer gesellschaftlicher Gruppen entwickelt haben. PUSH führt zu SUP. Waren 1999 die Wissenschaftler angetreten, um für mehr Public Understanding of Sciences and Humanities, PUSH, zu sorgen, entwickelte sich zugleich auch mehr SUP, Scientists’ Understanding of the Public.

In dieser Entwicklung ist die Gründung des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation NaWiK (www.nawik.de) ein, wie ich finde, folgerichtiger Schritt. Was er wert ist, sollen seine Gründer und Macher jetzt zeigen. Geben wir ihnen die Chance.